Hochkonzentriert sitzt Mattis auf einem der kleinen Stühle in der Mäusegruppe und hält mit ausgestreckten Armen zwei mit Wasserfarben gefüllte Pipetten zwischen Daumen und Zeigefinger – Rot in der linken, Blau in der rechten. Langsam, ganz langsam tröpfelt der Vierjährige die Farben auf ein vor ihm liegendes Küchenkrepp. In Nullkommanichts saugt sich das Papier voll, es entstehen unterschiedliche Formen und Farben. „Guck mal Papa“, ruft mir Mattis zu, ohne dabei nur eine Sekunde die Pipetten und das Küchenkrepp aus den Augen zu lassen: „Wenn man Rot und Blau mischt, gibt das Lila.“
Diese Station ist nur eine von vielen, die die Erzieherinnen und Erzieher des Evangelischen Familienzentrums auf der Brede in Helpup an diesem Tag aufgebaut haben – und an denen die rund 78 Mädchen und Jungen zu kleinen Forschern werden – oder zu großen, wie in meinem Fall. Denn die Eltern sind wie bei vielen Aktionen unserer Kita heute mit dabei, um mit ihren Kindern auf naturwissenschaftliche Entdeckungstour zu gehen. Und viele nehmen das Angebot gerne an. Denn das Familienzentrum in Helpup ist neuerdings auch ganz hochoffiziell ein „Haus der kleinen Forscher“ – zertifiziert und beurkundet von der gleichnamigen Stiftung, die vom Bundesbildungsministerium gefördert wird. Das Ziel: Mädchen und Jungen schon im Kindergartenalter für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik – kurz MINT – zu begeistern. Und zwar spielerisch, einfach und mit Spaß.
Und den haben die Kinder und Eltern an diesem „Haus der kleinen Forscher“-Tag unübersehbar. Während Mattis weiter munter und tröpfelnd bunte Bilder erzeugt – und ich mich dabei irgendwie an die Einheit „Abstrakte Kunst“ in der Schule zurückversetzt fühle – belagert mein jüngerer Sohn Lasse das große Mäuseterrarium in der (Achtung: passend) Mäusegruppe und freut sich quitschend und johlend, wenn einer der Nager wieder von links nach rechts flitzt. Lasse liebt Tiere.
Zum Glück gibt es auch in der Marienkäfergruppe ein Mäusegehege – weshalb sich Lasse schnell überzeugen lässt, dort mit hinzugehen – um gaaanz zufällig zur nächsten MINT-Station zu gelangen: einer kleinen und einer großen, über ein Stockwerk verlaufenden Murmel- und Bällebahn. Auch Mattis begleitet uns dort hin – nachdem er gefühlt 20 verschiedenfarbige Küchenkrepp beträufelt, sein „Werk“ vollendet und damit die künstlerische Schaffenskraft von Jackson Pollock oder Anselm Kiefer locker in den Schatten gestellt hat.
Begeistert verfolgen die beiden Jungs und die anderen Kita-Kinder, wie die kleinen und großen runden Kugeln dank der Schwerkraft die Murmelbahn bzw. durch mehrere Rohre und Schläuche abwärts sausen. Immer wieder müssen Bälle und Kugeln wieder oben hineingeworfen, beziehungsweise gelegt werden. Für den Nachschub an runden Gerätschaften ist – wie könnte es anders sein – meine Wenigkeit zuständig. Kind bewegt sich keinen Meter zuviel, Papa rennt – also alles wie zuhause. Anderen Eltern geht es an diesem Tag aber ähnlich – und schließlich haben Lasse und Mattis großen Spaß – und das macht wiederum mir große Freude.
Mit großer Freude hat auch Familienzentrum-Leiterin Daniela Wiebe eingangs die Aktionen an diesem Tag eröffnet. Sie hat sich etwa 1,5 Jahre (immer wieder unterbrochen durch die Pandemie) zusammen mit Erzieher Björn Wöhrmann fortgebildet, damit das Familienzentrum „Haus der kleinen Forscher“ werden durfte. Mit einem Wasserexperiment hatte Daniela den Entdeckertag eingeleitet, ehe Kinder und Eltern munter durch die Gruppen toben und experimentieren durften – und nach wie vor dürfen. Auf dem Weg zu den Angeboten in der Schmetterlingsgruppe kommen wir zunächst an der Turnhalle vorbei, die sich in ein kleines Forscherkino verwandelt hat, und legen dann einen Stopp im Foyer ein. Dort hat der Förderverein der Kita eine Candy-Bar aufgebaut. Also gibt es erst mal eine Stärkung: Fruchtgummiwürmer und Apfelsaft für Mattis, Schlümpfe und Bananensaft für Lasse – und stilles Wasser für den Vater.